Jeder kennt sie, die bunten Straßenumzüge, die jährlich und weltweit in verschiedensten Städten Tausende bis Millionen von Menschen anziehen. Die CSD Paraden. Auf Party-Trucks feiern fröhliche Menschen mit lauter, stimmungsvoller Musik, auffallend bunten Kostümen, Massen ziehen hinterher und feiern mit. Was nach purer Party und Lebensfreude aussieht, ist eine friedliche Demonstration Homo-, Bi-, A-sexueller und trans- und intergeschlechtlicher Menschen, die sich selbstbewusst und stolz zeigen und für eine große Vielfalt sexueller Orientierung und Identitäten werben im immer noch andauernden Kampf für Gleichberechtigung in der Gesellschaft.
Was nach außen ausgelassene, gute Stimmung vermittelt, hat seinen Ursprung in einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Homo- und Transsexuellen und Polizeibeamten in New York City in der Christopher Street im Jahr 1969. Rückblick: In den 1960er Jahren kam es in Amerika immer wieder zu gewalttätigen Razzien des NYPD in Lokalen, in denen sich überwiegend Homo- und Transpersonen aufhielten. Vor 1965 war es üblich, dass in New York die Identitäten aller Anwesenden in Bars mit homosexuellem und transgeschlechtlichem Zielpublikum bei Razzien erfasst und oftmals in der Presse veröffentlicht wurden, was verheerende Folgen für die zwangsweise Geouteten hatte.
Eine bekannte Bar für Homo- und Transpersonen war das „Stonewall Inn“ in der Christopher Street in New York City. Hier kam es in der Nacht vom 27./28.06.1969 zu einer solchen Razzia der Polizeibeamten. Das Hauptaugenmerk der Sicherheitsbehörden lag auf den homosexuellen Latinos und Afroamerikanern. Erstmals widersetzte sich eine signifikant große Gruppe, insbesondere transgeschlechtlicher Latinas und Dragqueens, der Verhaftung. Dabei kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen diesen Personen mit der Polizei, die Situation beruhigte sich erst nach fünf Tagen. Diese Nacht des 28.06.1969 wird in der Lesben- und Schwulenbewegung als Wendepunkt im Kampf für Gleichbehandlung und Anerkennung angesehen.
Menschen, die nicht nach der heteronormativen Norm lebten, wurden auf der Grundlage sogenannter Sodomiegesetze in vielen Bundesstaaten in den USA strafrechtlich verfolgt und erlitten soziale Benachteiligungen, z.B. auf dem Wohnungsmarkt oder am Arbeitsplatz. Händchen halten, Küssen zwischen gleichgeschlechtlichen Personen, das Tragen von Kleidung des anderen Geschlechts, insbesondere das Tragen von Frauenkleidung bei Männern oder allein die Anwesenheit in der Kneipe genügten der Polizei als Rechtfertigung für Verhaftungen und Anklagen wegen „anstößigen Verhaltens“ bzw. „Erregung öffentlichen Ärgernisses“.
Weltweit wird jedes Jahr im Monat Juni, dem Pride Month, mit den CSDs an dieses Ereignis erinnert (im Englischen wird die CSD Parade als „Gay Pride“ bezeichnet). Den ersten „Christopher Street Liberation Day“ organisierte die Schwulen- und Lesbenbewegung am 28. Juni 1970, um an die Ereignisse aus dem vorigen Jahr zu erinnern. Damals kamen etwa 4.000 Menschen zu der Parade. Im Jahr 2019 erwarteten die Organisator*innen für die Veranstaltungen im Pride Monat Juni in New York mehr als 4,5 Millionen Teilnehmende. Die ersten CSDs in Deutschland fanden im Juni 1979 in Bremen und Berlin statt. Im Jahr 2019 organsierten 76 Städte in Deutschland CSD Veranstaltungen.
Im Vergleich zu den 1960er Jahren hat sich die rechtliche Situation der LSBTQIA+- Gemeinschaft in den USA, wie auch in Deutschland deutlich verbessert. Dennoch ist sie auch heute noch Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt. Beispielsweise wurden bei einem grausamen Attentat im Juni 2016 in einem LGBT-Club in Orlando, Florida, 49 Menschen getötet. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland 564 politisch motivierte Straftaten aufgrund sexueller Orientierung gemeldet, darunter 147 Gewalttaten (Quelle: Der Tagesspiegel). In diesem Jahr erklärte der damalige US-Präsident Barack Obama die Kneipe „Stonewall Inn“ zum „National Monument“ (Nationaldenkmal). Die Bar ist das erste Nationaldenkmal der USA, das die Geschichte des Kampfs für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern erzählt.
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